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Hessisches Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat

Folge 21 (#1) – „Frankfurter Auschwitzprozess – Ein Gespräch mit Gerhard Wiese“

Gerhard Wiese war als jüngster Staatsanwalt an den Auschwitzprozessen beteiligt. Hier berichtet er über die Verhandlungen.

Moderatorin (00:03)

Zeit für Justitia – Der Justiztalk aus Hessen.

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen zu einer neuen Folge: Zeit für Justitia – Der Justiztalk aus Hessen. Nachdem wir uns in der vergangenen Folge schon mit Herrn Johannes Warlo über die Euthanasieprozesse unterhalten haben, beschäftigen wir uns auch in dieser Folge mit den wahrscheinlich wichtigsten Prozessen in der Nachkriegszeit, nämlich den Auschwitzprozess, der in Frankfurt am Main geführt wurde. Dazu begrüße ich ganz herzlich meinen heutigen Gesprächspartner Gerhard Wiese, der als jüngster Staatsanwalt bei den Auschwitzprozessen beteiligt war. Bevor wir aber über die Verhandlung an sich sprechen wollen, würde ich gerne Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Herrn Wiese als Person besser vorstellen. Herr Wiese wurde am 26. August 1928 in Berlin geboren und hat sogar den Zweiten Weltkrieg als junger Erwachsener miterlebt. Er wurde als Flakhelfer im Alter von 15 Jahren eingezogen. Herr Wiese, welche Erinnerungen haben Sie denn noch an diese Zeit?

Gerhard Wiese (01:22)

Ich war mit meinen Klassenkameraden, soweit sie Jahrgang ‘28 waren, zusammen einer schweren Flakbatterie im Westen Berlins zugeteilt worden. Der Jahrgang ‘27 war eingezogen, zunächst Arbeitsdienst, und wir traten als nächster Jahrgang an seine Stelle. Schwere Flakbatterie bedeutet, dass wir, also die vier Geschütze, die dazu gehörten – 9,5 Millimeter – wir wurden zunächst gedrillt. Also: Wie lernt der Soldat gehen? Wie grüßt er? Und so weiter. Das änderte sich aber schlagartig, als am 30. Januar ein heftiger Luftangriff auf den Westen Berlins kam und die neben uns stationierte Scheinwerferbatterie zerstört wurde, mit Toten. An unserer Stellung war nichts passiert, aber das Verhältnis der Soldaten zu uns jungen Piefkes änderte sich schlagartig. Wir wurden fast gleichartig anerkannt und sind dann mit dieser Batterie mehrfach innerhalb Berlins versetzt worden, teilweise bis zum Wannsee, auf der anderen Seite bis nach Wiesental. Je nach Körpergröße wurden wir eingeteilt. Die Größeren saßen an den Flakgeschützen und an Funkmessgeräten und mussten die Werte, die das Funkmessgerät aufgenommen hatte, übertragen auf die Geschützeinstellungen. Ich als Drittkleinster saß in einem kleinen Bunker vor einer großen Berliner Karte und musste nach den Meldungen, die reinkamen, einzeichnen, wie die Bomberströme sich Berlin näherten. Das ging so weit ganz gut. Als aber dann die Ostfront näherkam, rückte unsere Stellung jetzt mit modernen Geschützen der 8843 immer mehr in die Innenstadt.

Und eines Tages war es so weit, dass wir keine Fahrzeuge mehr hatten, um die beiden Geschütze, die wir noch hatten, zu transportieren. Sie mussten sie stehen lassen, verschwanden im S-Bahn-Tunnel und tauchten in der Nähe vom Bahnhof Zoo wieder auf, übernachteten eine Nacht im Zoo Bunker und bezogen dann unsere letzte Stellung in der Fahrkartenausgabe des S-Bahnhofs Bellevue. Die Soldaten hatten ihre Karabiner, wir hatten nichts. Kriegten also eine schnelle Ausbildung an der Panzerfaust und mussten dann an der Siegessäule Wache schieben, aufpassen, wenn der Russe kommt. Der Russe kam aber nicht, denn er kam mehr vom Südosten nach Berlin. Dann hieß es eines Tages Ende April „Die Stellung wird aufgegeben“, alles marschiert der Armee Winke entgegen, die aufgestellt worden war, um Berlin zu befreien. Rückschauend betrachtet muss man sagen, diese Armee hat es in dem Sinne gar nicht gegeben. Das war eine Luftnummer. Aber auf der Verbindungsstraße der Heerstraße zwischen Berlin und Spandau bewegte sich ein ungeordneter Heerhaufen aller Waffengattungen, aller Dienstgrade wie die Memlinge Richtung Spandau. Im Rahmen dieser Bewegung nach Westen über Spandau kam ich in russische Gefangenschaft und in einem großen längeren Marsch in einem großen Bogen um Berlin rum, landeten wir in Fürstenwalde. Fürstenwalde liegt genau in der Mitte zwischen Berlin oder Küstrin. Dort wurden wir untergebracht in einer Kaserne und hatten die Aufgabe, ein großes Maschinenwerk zu demontieren, das als Reparation nach Russland gehen sollte. In der Zwischenzeit waren die Arbeitsgruppen Zwei und Drei, alle, die noch etwas kräftiger waren als wir kleinen Piefkes, nach Osten abtransportiert. Im Sommer waren wir dann letztlich nur noch vier Jugendkompanien. Ende August hieß es dann plötzlich: Der Russe braucht die Kaserne, ihr werdet entlassen. So war ich dann Ende August, nach dem A, das W im Russischen ist ein B, in Freiheit. S-Bahn, Straßenbahn fuhren zum Teil schon.

Also, ich kam nach Hause. Das war genau an meinem 17. Geburtstag. Gott sei Dank hatte ich bei den Endkämpfen um Berlin keine Verwundung davongetragen. Aber es zeichnete sich bei mir etwas ab, dass ein junger Arzt in unserem Hause veranlasste, mich hinter den Bildschirm zu stellen, und da kam zutage, dass ich aus der Gefangenschaft eine geschlossene TBC mitgebracht habe. Dadurch verzögerte sich etwas der Schulabschluss, der war dann im Dezember ‘47, aber anschließend im Januar kam ich gleich in ein Lungensanatorium nach Sülzhayn im Südharz und war dort vier Monate konservativ behandelt mit vielen Liegekuren. Im April war ich wieder zu Hause und dann kam die entscheidende Frage: Berufsausbildung. In meinem Abiturzeugnis steht “Er will Apotheker werden“. Wollte ich auch. Dazu musste aber der zuständige Amtsarzt Herr Schöneberg-Friedenau seine Zustimmung geben. Als er meine Geschichte hörte, kam ein kategorisches „Nein, bei dieser Vorerkrankung kann ich Ihnen diese Erlaubnis für das Probejahr nicht geben“.

Moderatorin (08:14)

Und wie kam es dann zur Entscheidung, dass Sie Rechtswissenschaft studiert haben?

Gerhard Wiese (08:18)

Ja, Berlin war damals bereits Westberlin, damals schon von den Russen eingeschlossen, Stichwort Luftbrücke, aber gleichzeitig machte im Sommer die Freie Universität als Gegenstück zur Humboldt Universität in Ostberlin auf. Und so habe ich zum Wintersemester ‘48/‘49 das Jurastudium begonnen. Mein Vater war noch in russischer Gefangenschaft. Ich habe als studentische Hilfskraft in der im Aufbau befindlichen Universitätsbibliothek gearbeitet und meine Hauptaufgabe bestand darin, die von den Berlinern für die neue Bibliothek gestifteten Bücher abzuholen. Da meldete sich eines Tages Berta Drews, eine Schauspielerin und Ehefrau von Heinrich George, bekannter Schauspieler. Heinrich George war in einem Russenlager verstorben und sie wollte die Handbibliothek ihres Mannes dem Theaterwissenschaftlichen Institut der Freien Universität stiften. Also fuhr ich, das war damals so Brauch, mit einem amerikanischen LKW und einem entsprechenden Fahrer raus nach Wannsee und holte dort die Handbibliothek ab. Bei der Arbeit guckte mir zu und unterhielt mich ein kleiner Steppke von etwa zehn Jahren. Götz George, später der „Kriminalkommissar“ des Ruhrgebiets. Nicht nur, er hat auch andere Filme gemacht, die sehr gut waren. Aber im Jahre ‘51 meldete sich der Justizsenator und sagte: “Liebe Leute, so viel Juristen kann ich in Westberlin nicht unterbringen. Seht zu, dass ihr im Westen was findet. Wir helfen euch dabei.“ Haben sie auch. Und so bin ich mit etwa 20 Studenten nach Frankfurt gekommen. Fertig studiert. Erstes Examen, zweites Examen, Referendarausbildung. Und bei der Gelegenheit habe ich auch Fritz Bauer kennengelernt.

Der damalige Ministerpräsident Georg-August Zinn holte den damaligen Generalstaatsanwalt in Braunschweig mit einem Landgericht nach Frankfurt als hessischen Generalstaatsanwalt und Bauer als neuer Besen führte neue Angewohnheiten ein. Er wollte die Referendare, die bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt in Ausbildung sind, kennenlernen. Und so saß ich eines Tages mit drei Kollegen in dem verräucherten Dienstzimmer von Bauer. Und als er hörte, dass ich Berliner bin, kam sofort die Frage “Was wird aus der Gedächtniskirche?“. Damals ein großer Streit in Berlin. Soll sie abgerissen werden? Soll sie umgebaut werden? Soll die restauriert werden? Als überzeugter Berliner natürlich: “Die muss restauriert werden. Das alte Bild muss wiederhergestellt werden.“ Prompt kam seine Antwort: “Quatsch, das muss alles weg. Das muss modernisiert werden. Das ganze Viertel.“ Na ja, nur ging es ein bisschen hin und her und dann wurden wir in Gnaden entlassen. Zweites Staatsexamen ’59. Im Jahre ‘60 geheiratet. Im Januar schon beworben bei der Justiz und vier Wochen nach der Hochzeit kam ein Anruf vom Oberlandesgericht, das damals noch die Personalia der Staatsanwalt mitbetreute: “Herr Wiese, kommen Sie mal vorbei. Wir hätten was für Sie.“ Eine Vertretungsstelle für sechs Wochen in Fulda. Die Begeisterung meiner Frau hielt sich in Grenzen, verständlicherweise. Aber ich musste “Ja“ sagen, sonst wäre ich vom Fenster weg gewesen. Also habe ich im Mai, Anfang Mai ‘60, mein Dienst bei der Staatsanwaltschaft in Fulda angetreten, die sechs Wochen abgedient. Dann kam eine Versetzung nach Hanau, dann nach Offenbach und dann im Februar ‘61 die Versetzung nach Frankfurt. Ich war am Ziel und das habe ich bis zur Pensionierung im Jahre ‘93 nicht mehr verlassen. Und im Jahre ’62 bei einer Rückmeldung vom Urlaub, das war damals noch so üblich, eröffnete mir mein Behördenleiter, Oberstaatsanwalt Wolff “Herr Wiese, ich möchte Sie gern versetzen, als dritten Mann zu dem Auschwitzteam Vogel und Kügler. Wollen Sie das?“ Ja, und damit war eigentlich mein Schicksal besiegelt. Ich kam zu den dreien dazu, und zwar zu einem Zeitpunkt, wo der damals noch vorgeschriebene oder die damals noch vorgeschriebene gerichtliche Voruntersuchung abgeschlossen war. Und jetzt musste die Anklageschrift gefertigt werden und das bei 22 Angeklagten für zwei Mann. Ein bisschen happig. Also, der dritte Mann muss dazu.

Moderatorin (13:48)

Jetzt will ich einmal einhaken, weil Sie gerade gesagt haben, dass die Ermittlungen wurden ja schon abgeschlossen oder waren abgeschlossen. Was haben denn Herr Vogel und Herr Kügler Ihnen über die Ermittlungen berichtet? Sie mussten Sie ja erst auf den aktuellen Stand bringen.

Gerhard Wiese (14:02)

Kügler und Vogel haben seit ‘58 die Ermittlungen geführt, zum Teil allein, zum Teil mit Unterstützung des Landeskriminalamtes. Nicht ganz einfach im Anfang. Wie soll man an Zeugen rankommen? Und da gibt es den Hermann Langbein aus Wien, damals Vorsitzender des Internationalen Auschwitz Komitees, der auch Häftling in Auschwitz war, aber ein Häftlingsposten hatte, der ihm sehr viel Einblick in das Lagergeschehen ermöglichte und der hat gleich nach ‘45 angefangen, frühere Häftlingskameraden anzuschreiben, was sie erlebt haben, ob sie konkrete Belastungen gegen bestimmte SS-Leute haben. Und dann ging das wie das Schneeballsystem und wir hatten plötzlich eine ganze Reihe von Zeugen. Österreich, Polen und so weiter. Die Deutschen sind zum Teil von Kügler und Vogel selbst vernommen worden. Die polnischen Behörden, die sehr eng mit uns zusammengearbeitet haben, insbesondere ein Professor Seen, seines Zeichens Kriminalist an der Krakau-Universität, die er schon ‘45/‘46 den polnischen Auschwitzprozess vorbereitet, durchgeführt hat, veranlasste, dass die polnischen Zeugen vernommen wurden und wir dann das entsprechende Material bekamen. Und so setzte sich das fort, bis die Ermittlungen so weit durchgeführt waren, dass wir für die 22 Angeklagten entsprechende Belastungszeugen oder Dokumente hatten.

Moderatorin (15:54)

War Ihnen denn damals bewusst, welche Ausmaße das haben würde, welche Dimensionen dieser Prozess haben könnte?

Gerhard Wiese (16:03)

Noch nicht. Man hat mir zur Fertigung der Anklageschrift die beiden unangenehmsten Typen zugeteilt, nämlich Boger und Kaduk. Boger als Untersuchungsführer in der politischen Abteilung und Kaduk als Lagerführer brutalster Art. Nun kannte ich natürlich die Akten, Bestand war damals auf etwa anfangs 70 Bände angewachsen. Aber die Kollegen hatten für jeden Angeklagten ein Sonderheft angelegt, wo die Vernehmungen des Beschuldigten drin waren und die Zeugenaussagen und Dokumente so weit vorhanden waren. Und mit diesem Sonderheft und dem Antrag auf gerichtliche Voruntersuchung, der in etwa aufgebaut ist wie eine Anklageschrift, habe ich dann gegen die beiden die Anklageschrift diktiert. Diktiert auf Wachspapier, weil die Schrift ja vervielfältigt werden musste. Und all die technischen Geräte, die heute zur Verfügung stehen, gab es dann auch nicht. Es gab auch keine Sortiermaschine oder so was. Wir sind also mit den gedruckten Papieren zu fünft um einen großen Tisch gezogen und haben die Anklageschrift von 700 Seiten Stück für Stück zusammengesetzt.

Und dann kommt das Problem: Wo soll dieser Prozess stattfinden? Der alte Schwurgerichtssaal aus dem Jahre 1880. Sehr schön getiefelt, aber zu klein. Der Neue noch nicht fertig. Also schloss der damalige Landgerichtpräsident Dr. Greif, der dafür verantwortlich war, den Raum zu stellen, ein Vertrag mit der Saalbau AG. Die Saalbau AG war zuständig für den Aufbau der Bürgerhäuser in und um Frankfurt und man hat vereinbart, dass das Bürgerhaus Gallus für neun Monate der Justiz zur Verfügung steht. Die Zeit ging ins Land. Die Eröffnung Strafkammer hat die Anklage zugelassen. Und nun wurde das letzte Schwurgericht einberufen. Zur Erinnerung: Damals war das Jahr in Schwurgerichtsperioden eingeteilt und wenn eine Periode mit verschiedenen Verfahren gefüllt war, wurde die geschlossen und die neue eingerichtet. Und unser Verfahren kam in die vierte und letzte Periode und musste auf jeden Fall im Jahre ‘63 noch begonnen werden. Wäre das nicht der Fall gewesen, wäre die ganze Mühe vorher umsonst gewesen und das neue Schwurgericht im Jahre ‘64 hätte sich einarbeiten müssen und so weiter und so weiter. Mit Drücken und Schieben haben wir dann am 20. Dezember 1963 im Stadtverordneten Saal im Römer das Verfahren eröffnet.

Moderatorin (19:30)

Bevor wir jetzt direkt in die Verhandlung einsteigen, würde mich noch interessieren, wie groß denn das Interesse an der Bevölkerung bestand, überhaupt Aufklärung zu betreiben und inwiefern denn klar war, welches Recht auch angewandt werden soll. Vielleicht können Sie darauf noch mal näher eingehen.

Gerhard Wiese (19:48)

Die Bevölkerung war froh. 8. Mai, Waffenstillstand. Keine Bombennächte mehr, aber zerstörte Städte, keine Wohnung. Also das stand im Vordergrund. Wie werde ich satt? Dann kam der Nürnberger Prozess der Große. Dem schlossen sich zwölf Militär-Gerichtsverfahren an gegen Ärzte, Rechtsanwälte, Einsatzkräfte und so weiter. Die Franzosen führten ihre Prozesse in Rastatt und Metz, die Hamburger Bergen-Belsen, also die Engländer in Hamburg, die Polen in Krakau. Die Bevölkerung sah, es wird was getan. Die Alliierten nehmen uns die Arbeit ab. Und wenn dann ein Herr Adenauer noch sagt, wir wollen einen Schlussstrich ziehen, ist es verständlich, dass die Begeisterung der Bevölkerung an der Aufarbeitung der NS-Zeit sich in Grenzen hielt. Angewandt wurde damals das Strafgesetzbuch, das im Jahre 1871 nach der Reichsgründung geschaffen wurde. Und damit sind wir auch gut über die Runden gekommen. Das Schwurgericht war noch das alte Schwurgericht. Drei Richter, sechs Geschworene. Dazu kam, weil man eine längere Laufzeit des Prozesses vermutete, Ergänzungsrichter, Ergänzungsgeschworene, die von Anfang an in der Verhandlung natürlich mit dabeisaßen.

Moderatorin (21:37)

Nun sagten Sie ja, dass 22 Männer angeklagt wurden. Das scheint ja auf den ersten Blick erst mal wenig zu sein in den Dimensionen, an die man sich erinnert.

Gerhard Wiese (21:49)

Als ich zum ersten Mal in den Römer kam, in den Verhandlungssaal der Stadtverordneten, fiel als erstes auf: der Block der Angeklagten mit ihren Verteidigern. Soweit zu erkennen war, keine Auffälligkeiten. Normale bürgerliche Typen mit ihren Verteidigern. Daneben noch Polizeibeamte, gegenüber die vier Staatsanwälte, daneben zwei Nebenklägervertreter, Anwälte, Rechtsanwalt Ormond, Rechtsanwalt Raabe, auch Rechtsanwalt Kaul aus Ostberlin, der die Nebenkläger aus der DDR vertrat und auch sich den Zeugen annahm, soweit sie überhaupt ausreisen durften zu dem Prozess. Da wurde sehr sorgfältig gesiebt und der ein oder andere wurde dann plötzlich krank und konnte nicht kommen. Das war der Stand der Dinge. Der Prozess begann damit, davon war der Vorsitzende nicht sehr begeistert.

Die Staatsanwaltschaft präsentierte vier sachverständige Zeugen vom Institut für Zeitgeschichte in München. Das hatte Bauer im Jahre ‘52 schon vorbereitet und die einzelnen Mitarbeiter versuchten, ein Gesamtbild des Dritten Reiches zu zeichnen. NSDAP, Reichssicherheitshauptamt, Verwaltungshauptamt. Also, dass die Richter und Geschworenen und auch die Zuhörer ein Überblick bekamen und mit den Begriffen, die dann in der Hauptverhandlung fielen, auch was anfangen konnten. Und dann kamen die ersten Zeugen und das setzte sich fort. Am Anfang war es ein bisschen schwierig mit den auswärtigen Zeugen, die Betreuung, aber das hat dann sehr schnell eine Regelung gefunden. Frau Wirth und ihre Damen haben sich der Zeugen angenommen. Eine Schwesternschaft aus Darmstadt und ein junger Student, der sein Studium erst mal sausen ließ und mit seiner Ente die Zeugen vom Bahnhof abholte, ins Hotel brachte und auch zum Gericht. Ja, der Kalb lebt heute noch. Sehr zu schätzen. Das spielte sich dann ein.

Outro (24:32)

Zeit für Justitia – Der Justiztalk aus Hessen.