Hessens Justizstaatssekretärin Tanja Eichner hat an diesem Freitag verkündet, dass die Ausbildung im Rechtspflegerdienst und allgemeinen, mittleren Justizdienst zum Start des neuen Ausbildungsjahres am 1. September 2025 reformiert wird. Die Modernisierung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen sei das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit am Runden Tisch der Ausbildung, der im Jahr 2023 ins Leben gerufen wurde. „Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, die Justizfachwirtinnen und -fachwirte im allgemeinen Justizdienst, die Justizfachangestellten – sie alle sind bedeutend für einen gut funktionierenden Rechtsstaat. Deshalb ist es uns beim Runden Tisch der Ausbildung ein besonderes Anliegen, die Ausbildungsberufe in der hessischen Justiz stetig auf den Prüfstand zu stellen und dort zu handeln, wo Handlungsbedarf besteht“, sagte die Justizstaatssekretärin und ergänzte: „Mit den Reformen, die wir gemeinsam angestoßen haben, verbessern wir die Ausbildung im Rechtspflegerdienst und im allgemeinen Justizdienst im Sinne der Nachwuchskräfte und der Praxis. Ich freue mich sehr über das Ergebnis und bin mir sicher, dass von der Modernisierung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen alle profitieren.“
Carmen Koch, Vorsitzende des Hauptpersonalrates beim Hessischen Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat, sprach von positiven und wichtigen Änderungen: „Die Ausbildungsberufe in der hessischen Justiz stetig weiterzuentwickeln und zu verbessern ist eine Kernaufgabe und ein Garant für einen modernen und zukunftsfähigen Rechtsstaat. Mit den Reformen, die wir auf den Weg gebracht haben, leisten wir einen weiteren wichtigen Beitrag dafür. Die Zusammenarbeit am Runden Tisch der Ausbildung macht mir auch deshalb große Freude, weil wir gemeinsam an einem großen Ziel arbeiten: Wir wollen die Ausbildung immer ein Stück besser machen.“
Auswahlverfahren und die Ausbildung in Gänze effizienter gestaltet
Der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, Dr. Alexander Seitz, hob insbesondere das digitale Lernen an der eAkte hervor: „Die eAkte wird derzeit überall an den hessischen Gerichten eingeführt. Wir standen vor der besonderen Herausforderung, dass die Gerichtsakten nicht verändert werden dürfen, aber unsere Auszubildenden eine Übungsumgebung unter realen Bedingungen brauchen. Ich bin deshalb besonders erfreut, dass die IT-Stelle bereits für den nächsten Ausbildungsjahrgang eine digitale Übungsumgebung bereitstellt, in der alle Auszubildenden die Arbeit mit der eAkte frühzeitig üben können, ohne das Risiko, in realen Akten irreversible, nicht gewollte Änderungen vorzunehmen. Ich danke dem Runden Tisch der Ausbildung für dieses hilfreiche Tool, denn es trägt dazu bei, dass die Ausbildung moderner wird.“
Auch der Fachbereichsleiter des Fachbereichs Rechtspflege der Hessischen Hochschule für Finanzen und Rechtspflege, Dr. Kai Haberzettl, begrüßte die Änderungen: „Es ist nicht nur gelungen die Ausbildungen im Rechtspflegerdienst und im allgemeinen Justizdienst zu verbessern, indem wir beispielsweise an unserer Hochschule den Studierenden im Rechtspflegerdienst künftig Intensivlehrgänge vor der Wiederholungsprüfung anbieten können, sondern das Oberlandesgericht und Studienzentrum gestalten für alle Anwärterinnen und Anwärter das Auswahlverfahren und die Ausbildung in Gänze auch effizienter. Die Arbeit am Runden Tisch der Ausbildung bringt uns dahingehend gut voran, dass wir Regeln ständig hinterfragen und eine weitere Modernisierung des Studiums planen. Das ist wichtig und macht die Zusammenarbeit sehr fruchtbar.“
Änderungen, die auf den Weg gebracht werden
Um die Ausbildung sowohl im Bereich des Rechtspflegerdienstes, wie auch im allgemeinen Justizdienst zu modernisieren, wurden folgende Änderungen auf den Weg gebracht:
- Frühere Wiederholungsprüfungen und Intensivlehrgänge
- Mehr Flexibilität bei der (außerplanmäßigen) Beendigung des Ausbildungsverhältnisses
- Umstellung der Eignungsprüfung
- Ausbildungsumgebung für die Ausbildung mit der elektronischen Akte (eAkte)
Derzeit können Rechtspflegeranwärterinnen und -anwärter, die die Abschlussprüfung nicht bestehen, diese erst „im nächsten ordentlichen Prüfungstermin“, also nach einem Jahr, wiederholen. Der sehr lange Zeitraum bis zur Wiederholungsprüfung wird von allen Beteiligten als unbefriedigend empfunden. Er belastet die Anwärterinnen und Anwärter selbst, zugleich aber auch die künftigen Einsatzstellen, die ein Jahr lang auf die Kolleginnen und Kollegen warten, die sich zunächst erneut der Prüfung unterziehen müssen. Mit der aktuellen Änderung wird nunmehr eine Wiederholungsprüfung nach drei Monaten möglich. Zugleich werden die Anwärterinnen und Anwärter während der drei Monate in einem Intensivlehrgang, also einem so genannten Crashkurs, individuell und gezielt auf die erneute Prüfung vorbereitet.
Eignungsprüfung wird modernisiert und digital gestaltet
Wenn sich abzeichnet, dass Anwärterinnen oder Anwärter die Abschlussprüfung nicht bestehen werden oder das Ausbildungsverhältnis seitens der Anwärterinnen und Anwärter aus diesem Grund nicht fortgesetzt werden soll, ist eine Entlassung bisher nur unter erhöhten Voraussetzungen möglich. Wenn Anwärterinnen und Anwärter vor dem endgültigen Durchfallen im Rahmen der Wiederholungsprüfung selbst um Entlassung bitten, sehen sie sich regelmäßig mit Rückzahlungspflichten konfrontiert. Es wird zukünftig im Sinne aller Beteiligten eine Möglichkeit zu einem flexibleren Widerruf beziehungsweise zu einer flexibleren Beendigung des Ausbildungsverhältnisses geschaffen.
Die Eignungsprüfung für Bewerberinnen und Bewerber wird modernisiert und digital gestaltet. Auf Eignungstests vor Ort wird zukünftig verzichtet, stattdessen werden zukünftig Online-Test und (digitale) Interviews angeboten.
Digitale Ausbildungsumgebung aufgebaut
Um auch die Ausbildung in der Justiz digitaler zu gestalten und die Auszubildenden schon in der Ausbildung auf die zukünftige Arbeit mit der eAkte an den Gerichten und Staatsanwaltschaften vorzubereiten, wurde in Zusammenarbeit zwischen der IT-Stelle der hessischen Justiz, der HZD und dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main eine digitale Ausbildungsumgebung aufgebaut. Diese kommt den Anwärterinnen und Anwärtern und den Justizfachangestellten zugute. Derzeit wird die Ausbildungsumgebung von den hauptamtlichen Ausbilderinnen und Ausbildern mit digitalen Musterausbildungsakten befüllt und sodann den Auszubildenden ab dem nächsten Ausbildungsstart im September 2025 zur Verfügung stehen.
Der Runde Tisch der Ausbildung ist ein Gesprächsformat, um die zahlreichen Ideen aus dem Geschäftsbereich und von den Personalvertretungsgremien der Hessischen Justiz zur Fachkräftegewinnung und -bindung direkt auf Leitungsebene des Justizministeriums, Oberlandesgerichts, der Fachgerichtsbarkeiten und der Hessischen Hochschule für Finanzen und Rechtspflege besprechen und gegebenenfalls zügig umsetzen zu können.