Justizminister Christian Heinz hat bei der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Obersten Gerichtshöfe des Bundes in Hessen, an der er stellvertretend für Hessens Ministerpräsident Boris Rhein an diesem Mittwoch teilnahm, für Reformen beim Verfahrensrecht geworben. „Wir müssen ernsthaft prüfen, welche Instrumente der Straf- und Zivilprozessordnung, die aus dem 19. Jahrhundert stammen, heute noch Sinn machen oder längst überholt sind. Und wir müssen uns fragen, ob Arbeitsabläufe durch Automatisierungen und vielleicht auch durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden könnten“, sagte der Justizminister und ergänzte: „Dafür müssen wir mutige und auch neue und kreative Schritte gehen, die notwendig sind. Die Menschen erwarten einen modernen Rechtsstaat, der effizient handelt.“
In diesem Kontext verwies der Justizminister auf einen Beschluss der Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister, den Hessen gemeinsam mit Bayern initiiert hatte. Er sieht vor, die Strafverfahren in Deutschland grundsätzlich zu reformieren. Eine wichtige Stellschraube ist dabei der sogenannte Unmittelbarkeitsgrundsatz. Ein effektiver Strafprozess setzt voraus, dass in Zukunft nicht mehr der gesamte Akteninhalt mündlich und unmittelbar in der Hauptverhandlung besprochen wird, sondern die Akte wie in anderen Verfahrensordnungen insgesamt – am besten schon mit der Anklageerhebung – eingeführt wird und nur die wesentlichen Aspekte mündlich erörtert werden. „Erst eine so entlastete Hauptverhandlung eröffnet den Spielraum, der beispielsweise für ihre Aufzeichnung benötigt wird“, so der Justizminister, der ergänzte: „Die Digitalisierung kann uns unterstützen, gleichzeitig müssen wir jedoch einen Reformprozess einläuten. Es geht schlicht darum, den Strafprozess neu zu denken.“
Entsprechendes gelte für die Reform der Zivilprozessordnung: „Ich freue mich sehr, dass die Bundesregierung in enger Absprache mit den Ländern die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Zivilsachen gestärkt hat. Aber auch hier müssen wir noch weiterdenken. Es ist dabei dringend geboten, die Berufungsstreitwerte anzuheben und die vereinfachten Verfahren auszuweiten“, so der Justizminister.