(v. l. n. r.): Justizministerin Eva Kühne-Hörmann und Prof. Dr. Martin Rettenberger (Direktor der Kriminologischen Zentralstelle) bei der Übergabe der Studie („Evaluation der risikoorientierten Bewährungshilfe in Hessen“)

Hessisches Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat

Rückfallquote von Straftätern geht signifikant zurück

Der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle, Prof. Dr. Martin Rettenberger, übergibt das Evaluationsergebnis der risikoorientierten Bewährungshilfe in Hessen an Justizministerin Eva Kühne-Hörmann.

Heute hat der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle Prof. Dr. Martin Rettenberger die Ergebnisse der „Evaluation der risikoorientierten Bewährungshilfe in Hessen“ an Justizministerin Eva Kühne-Hörmann übergeben. Ziel der Studie war die Überprüfung der Einführung des „Sicherheitsmanagements II (SIMA II)“ im Rahmen der Bewährungshilfe in Hessen. Die Studie wurde in dem Zeitraum vom 1. Februar 2019 bis zum 31. Januar 2021 durchgeführt.

Fokus auf individuelles Risiko

„Heute möchte ich mich insbesondere bei den 237 Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfern in Hessen für ihre hervorragende Arbeit bedanken. Sie leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag für die Straffälligen, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt“, so Justizministerin Eva Kühne-Hörmann, die weiter ausführte: „Mit der Einführung des Sicherheitsmanagements II als eine weitere Säule der Bewährungshilfe in Hessen im Jahr 2017 haben wir auch für Gewaltstraftäter und andere Straftäter mit schlechter Sozialprognose neue Wege beschritten. Fortan hat die Bewährungshilfe in Hessen das individuelle Risiko dieser Straffälligen in den Fokus gerückt und hieran den Umfang der Betreuung angepasst. Neu war vor allem, dass die Rückfallgefahr anhand wissenschaftlicher Kriterien ermittelt worden ist. Ich danke Prof. Dr. Rettenberger und seinen Mitarbeiterinnen für das Erstellen der Studie. Die Ergebnisse sind beachtlich: Die Rückfallquote der Gewaltstraftäter hat sich je nach betrachteter Subgruppe um 8 bis 74 Prozent reduziert.“

Justizpraxis profitiert von wissenschaftlichen Erkenntnissen

Prof. Dr. Rettenberger ist Direktor der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ). Diese ist die zentrale Forschungs- und Dokumentationseinrichtung des Bundes und der Länder für kriminologische Forschungsfragen. Sie führt insbesondere eigene praxisbezogene Forschungsprojekte durch und veranstaltet regelmäßig Fachtagungen zu kriminalpolitisch aktuellen Themen. Herr Prof. Dr. Rettenberger hat in der Studie 1307 Probandinnen und Probandin des SIMA II mit 1307 früheren Klientinnen und Klienten der Bewährungshilfe verglichen.

Er erklärte bei der Vorstellung der Studie: „Der vorliegende Projektbericht verdeutlicht, wie sehr die Justizpraxis von wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren kann, wenn diese Erkenntnisse systematisch und professionell in der alltäglichen Arbeit umgesetzt werden. Die Ergebnisse der Evaluationsstudie zeigen eindrucksvoll, dass wissenschaftlich fundierte Risikoeinschätzungen zu einer Reduzierung von Rückfallraten führen können. Kriminalität kann signifikant verringert werden, wenn die vorhandenen Ressourcen so eingesetzt werden, dass diejenigen Personen mehr Aufmerksamkeit und eine intensivere Betreuung erhalten, die ein vergleichsweise hohes Rückfallrisiko aufweisen.“

„Die Evaluation zeigt, dass sich die Umstellung der Bewährungshilfe mehr als bewährt hat. Dies ist ein großer Erfolg für die Sicherheit unseres Landes. Insbesondere zeigt sich aber, wie gut die hessischen Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer arbeiten, um straffällig gewordene Menschen auf dem Weg der Resozialisierung zu unterstützend und damit für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu sorgen“, so die Justizministerin abschließend.

Info

Einem verurteilten Straftäter kann zur Aufsicht und Leitung die Bewährungshilfe zur Seite gestellt werden, wenn die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder die Person unter Führungsaufsicht steht. Die Entscheidung, ob der Verurteilte der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt wird, obliegt dem Gericht. Die Klienten der Bewährungshilfe werden Probanden genannt.

Die Bewährungshilfe ist eine Form der ambulanten Straffälligenhilfe, in der der Staat die Mitverantwortung für die Wiedereingliederung straffällig gewordener Personen übernimmt. Sie wird in Hessen von hauptamtlichen Fachkräften, den Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfern ausgeübt. Zu deren Aufgaben gehört die Betreuung der Straffälligen. Unter Betreuung sind in diesem Zusammenhang Hilfe und Kontrolle zu verstehen. Hierzu gehört die Beratung bei allen die Resozialisierung betreffenden Fragen und Problemen, andererseits aber auch die Überwachung und Kontrolle insbesondere der vom Gericht erteilten Auflagen und Weisungen. Das Gericht wird über den Bewährungsverlauf regelmäßig unterrichtet.

Die Bewährungshilfe in Hessen ist in fünf Gruppen eingeteilt. Dies sind die allgemeine Bewährungshilfe, die Jugendbewährungshilfe, das Entlassungsmanagement, das Sicherheitsmanagement I und nunmehr das Sicherheitsmanagement II. In die letztgenannte Gruppe fallen Gewaltstraftäter unter anderem folgender Delikte: Mord, Totschlag, Gefährliche Körperverletzung. Raub, Schwerer Raub, Geiselnahme und Brandstiftung, aber auch bestimmte, aus der Strafhaft entlassene Straftäter, mit negativer Sozialprognose.

Beim Sicherheitsmanagement II steht, wie auch beim Sicherheitsmanagement I, im Vordergrund, dass die Betreuungspriorität der Probanden nicht aufgrund der subjektiven und individuellen Einschätzung der Bewährungshilfe bestimmt wird, sondern aufgrund wissenschaftlich entwickelter Instrumente. Je nach Score werden die Probanden an die allgemeine Bewährungshilfe abgegeben, oder einem Turnus zugeordnet, der zwischen wöchentlichem Kontakt, zweiwöchigem Kontakt, monatlichem und zweimonatlichem Kontakt mit verpflichtenden Hausbesuchen bei den Probandinnen und Probanden variiert.