Ankündigungen zum „Pakt für den Rechtsstaat“ unzureichend.

Hessisches Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat

Kritik am angekündigten „Pakt für den Rechtsstaat“

Prof. Dr. Roman Poseck: „Der Rechtsstaat ist eine gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern. Der Bund darf die Länder nicht im Regen stehen lassen.“

Mit Enttäuschung hat der hessische Justizminister auf die Ankündigungen von Bundesjustizminister Marco Buschmann vom vergangenen Freitag reagiert, nach denen der neue „Pakt für den Rechtsstaat“ lediglich auf mehrere Jahre verteilte Mittel für die Digitalisierung enthalten solle.

Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck führte hierzu heute in Wiesbaden aus: „Der Koalitionsvertrag der Ampel sieht eine Verstetigung des ‚Paktes für den Rechtsstaat‘ und eine Erweiterung um Themen der Digitalisierung vor. Die Ankündigungen des Justizministers vom vergangenen Freitag bleiben hinter diesen Festlegungen deutlich zurück. Eine Verstetigung des ‚Paktes für den Rechtsstaat‘ der vergangenen Legislaturperiode, der erhebliche Mittel für Personal in den Ländern vorsah, ist offensichtlich kein Thema mehr für den Bundesjustizminister. Das ist sehr enttäuschend. Denn gerade im Personalbereich tragen die Länder derzeit eine sehr hohe Belastung. Dies gilt nicht nur für die Staatsschutzverfahren, die Gerichte der Länder für den Bund erledigen, sondern auch für zahlreiche andere Verfahren, die auf zum Teil neue Bundesgesetze zurückgehen. Der Justizminister kann sich für die Verweigerung der personellen Unterstützung auch nicht auf angebliche verfassungsrechtliche Bedenken berufen. Zum einen war die Verfassung bei der Abfassung des Koalitionsvertrages und in der vergangenen Legislaturperiode die gleiche; zum anderen mangelt es nicht an verfassungsrechtlichen Möglichkeiten, sondern an politischem Willen. Es sieht so aus, dass auch die im Koalitionsvertrag ursprünglich festgelegte Verstetigung des ‚Paktes für den Rechtsstaat‘ der Uneinigkeit der Ampel-Parteien und den ungeklärten finanziellen Fragen auf Bundesebene zum Opfer fällt. Die Länder stehen mit ihren Gerichten und Staatsanwaltschaften gerade zurzeit vor immensen Herausforderungen. Der Rechtsstaat ist eine gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern. Der Bund darf die Länder nicht im Regen stehen lassen. Das Vorgehen des Bundesjustizministers führt nicht nur in allen Ländern völlig unabhängig von der parteipolitischen Zugehörigkeit des jeweiligen Justizministeriums zu großem Verdruss, sondern auch beim Deutschen Richterbund, der die Vorschläge zum ‚Pakt für den Rechtsstaat‘ zu Recht als unzureichend bezeichnet hat. Erschwerend kommt hinzu, dass der in Aussicht gestellte Unterstützung im Bereich der Digitalisierung offensichtlich überhaupt gar keine konzeptionellen Überlegungen zugrunde liegen, wofür und wann diese Mittel fließen sollen. Die Länder brauchen nicht vage Ankündigungen, sondern Planungssicherheit.“

Die Hilferufe aus der Praxis scheinen nicht gehört zu werden

„Leider reiht sich die mangelhafte Unterstützung der Länder beim ‚Pakt für den Rechtsstaat‘ auch in andere zentrale Themen ein, bei denen der Bundesjustizminister den Ländern und den Praktikerinnen und Praktikern vor Ort Unterstützung verweigert. So ist eine Reform des Zivilverfahrens mit Blick auf die Massenverfahren ein höchst dringendes Anliegen; das haben auch der Deutsche Richterbund und die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofes im Frühjahr deutlich gemacht. Konkrete Reformvorschläge liegen auf dem Tisch, zuletzt hat Hessen verschiedene Vorschläge mit einer BundesratsinitiativeÖffnet sich in einem neuen Fenster am vergangenen Freitag im Bundesrat vorgestellt (Drucksache 342/22). Erfahrene Präsidenten von größeren Landgerichten haben bereits mehrfach eindringlich auf die negativen Folgen der Massenverfahren für das Funktionieren der Gerichte hingewiesen, zuletzt hat beispielsweise der Präsident des Landgerichts Stuttgart ausgeführt, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat in Gefahr sei. Die Hilferufe aus der Praxis scheinen dem Bundesjustizminister bislang egal zu sein. Diese Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen der Gerichte vor Ort wird immer mehr zu einem ernsthaften Problem für den Rechtsstaat. Hierzu passt auch, dass der Bundesjustizminister eine für die Praxis zentrale Vorschrift der Unterbrechungsfristen für Strafverfahren im Hinblick auf Corona zunächst hat auslaufen lassen. Erst auf Drängen der Länder ist nun zu spät und halbherzig eine Initiative für eine Neuregelung auf den Weg gebracht worden. Die Folgen sind fatal: So sind bereits Strafverfahren geplatzt, wie etwa am Landgericht Kassel“, ergänzte Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck.

„Der Bundesjustizminister setzt bislang leider völlig falsche Prioritäten. Er sollte nicht versuchen, der bessere und klügere Gesundheitsminister zu sein, sondern sich mit ganzer Kraft für die Themen und Herausforderungen der Justiz und damit seines Ressorts einsetzen. Denn nur gute Rahmenbedingungen für die Justiz und eine moderne Rechtspflege garantieren einen starken Rechtsstaat. Bund und Länder müssen an einem Strang ziehen und gerade in diesen Zeiten gemeinsam zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit beitragen“, so Justizminister Roman Poseck abschließend.

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