Prof. Dr. Roman Poseck: „Der eklatante Bruch des Völkerrechts durch Russlands Angriffskrieg bedroht nicht nur die europäische Friedensordnung. Er könnte auch autoritäre Regime weltweit dazu ermutigen, Angriffskriege als Mittel der Politik zu betrachten. Dies dürfen wir unter keinen Umständen hinnehmen. Deshalb habe ich die Einrichtung eines Sondergerichtshofs auf die Tagesordnung der nächsten Justizministerkonferenz gesetzt.“
Verstoß gegen die Grunprinzipien des Völkerrechts
Russland hat mit dem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 offenkundig gegen die Charta der Vereinten Nationen, die Grundprinzipien des Völkerrechts und internationale Abkommen verstoßen. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat bereits im März 2022 Ermittlungen wegen russischer Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf dem Gebiet der Ukraine aufgenommen. Dieser Teil der juristischen Aufarbeitung ist dringend geboten, reicht aber nicht aus. Denn der Auslöser aller nachfolgenden Verbrechen in der Ukraine war die Entscheidung der russischen Führung, diesen Angriffskrieg zu planen, vorzubereiten und zu führen. Um die russische Führung dafür zur Verantwortung ziehen zu können, braucht es einen internationalen Sondergerichtshof.
„Heute jährt sich der schreckliche Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Damit jährt sich auch unendliches Leid für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die ihre Familien, ihr Haus und ihre Heimat verloren haben. Der russische Angriffskrieg hat bereits Tausenden Menschen auf russischer und auf ukrainischer Seite das Leben gekostet. Die wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen und energiepolitischen Folgen dieses Krieges reichen weit über die Ukraine hinaus und sind für jeden sichtbar und spürbar. Der eklatante Bruch des Völkerrechts bedroht nicht nur die europäische Friedensordnung. Er könnte auch autoritäre Regime weltweit dazu ermutigen, Angriffskriege wieder als Mittel der Politik zu betrachten. Dies dürfen wir unter keinen Umständen hinnehmen“, erklärte Hessens Justizminister Roman Poseck anlässlich des einjährigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.
Ein Zeichen setzen
Auf internationaler Ebene ist das Verbrechen der Aggression nach IStGH-Statut grundsätzlich strafbar, unabhängig von einer etwaigen Immunität als Staatsoberhaupt. Der IStGH ist jedoch für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression nur zuständig, wenn die Angriffshandlung eines Vertragsstaates im Raume steht; Russland ist aber bislang nicht Vertragsstaat. Zwar könnte grundsätzlich der UN-Sicherheitsrat den IStGH mit Ermittlungen beauftragen, was aber angesichts des russischen Vetorechts im UN-Sicherheitsrat ausgeschlossen sein dürfte.
„Diese Lücke im institutionellen Gefüge der internationalen Strafjustiz müssen wir unbedingt schließen. Die dem Völkerrecht verpflichtete Staatengemeinschaft muss die Möglichkeit haben, umfassend und konsequent auf den russischen Angriffskrieg reagieren zu können. Auch die russische Führung muss für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine zur Verantwortung gezogen werden können. Es gibt bereits Forderungen, einen internationalen Sondergerichtshof für die Ukraine einzurichten, insbesondere durch das Europäische Parlament. Auf der nächsten Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 25. und 26. Mai 2023 in Berlin werde ich mich dafür einsetzen, dass wir diese Bestrebungen nach aller Kraft unterstützen. Wir müssen ein Zeichen dafür setzen, dass die grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts nicht zur Disposition stehen“, so Justizminister Prof. Dr. Poseck abschließend.