Hessisches Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat

Justizminister Poseck besucht Verwaltungsgericht Kassel

Roman Poseck: „Ich bin zuversichtlich, dass sich die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Asylverfahren weiter reduzieren wird. Das Verwaltungsgericht Kassel ist auf einem guten Wege. Entscheidungen werden hier bereits schneller als im Hessenschnitt getroffen.“

Justizminister Roman Poseck hat heute das Verwaltungsgericht Kassel besucht, um sich mit dem Präsidenten Werner Bodenbender und den Gremien auszutauschen. Der Minister ist auch mit Assessorinnen und Assessoren ins Gespräch gekommen.

Aktuell sind am Verwaltungsgericht Kassel 22 Richterinnen und Richter sowie 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.

Wichtiges Signal von Bund und Ländern

Während seines Besuchs hat der Minister mit dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts auch über die Laufzeiten von Asylverfahren und über die Beschlüsse des Bund-Länder-Treffens zur Flüchtlingspolitik vom gestrigen Tag gesprochen: „Es ist ein wichtiges Signal, dass sich Bund und Länder einig sind, dass das behördliche und das gerichtliche Asylverfahren für Angehörige von Staaten, für die die Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, jeweils in drei Monaten abgeschlossen werden sollen. Wir werden in Hessen alles daran setzen, den Beschlüssen gerecht zu werden. Gerade in Fällen, in denen ein Asylantrag nur geringe Erfolgschancen hat, ist eine Verfahrensbeschleunigung besonders wichtig, um die rechtlichen Voraussetzungen für eine Abschiebung so schnell wie möglich zu schaffen.“

Am Verwaltungsgericht Kassel war beginnend ab 2016 ein massiver Anstieg von Asylverfahren zu verzeichnen. Im Jahr 2015 gingen noch 740 Haupt- und 639 Eilverfahren und im Folgejahr bereits 2.037 Haupt- und 350 Eilverfahren in Asylsachen ein, im Jahr 2017 5.195 Haupt- und 751 Eilverfahren. Die durchschnittliche Verfahrensdauer lag 2016 bei 9 Monaten. Dies führte zu einem Anstieg der Verfahrensbestände, weil mehr Verfahren eingingen als abgearbeitet werden konnten. Im Jahr 2018 lag die durchschnittliche Verfahrensdauer daraufhin bei 13 Monaten. In den darauffolgenden Jahren sind die Verfahrensdauern aufgrund der Vielzahl an älteren Verfahren auf einen Höchststand von 29,5 Monaten im Jahr 2021 angestiegen. Im vergangenen Jahr konnte die durchschnittliche Bearbeitungszeit aber wieder auf 26 Monate reduziert werden. Im 1. Halbjahr 2023 ist die durchschnittliche Bearbeitungsdauer auf 21,8 Monate weiter zurückgegangen.

„Ich bin zuversichtlich, dass sich die durchschnittliche Bearbeitungszeit weiter reduzieren wird. Das Verwaltungsgericht Kassel ist auf einem guten Wege. Entscheidungen werden hier bereits schneller als im Hessenschnitt getroffen. Bei neu eingehenden Verfahren dürften die Bearbeitungszeiten weiter sinken. Die statistisch längeren Verfahrenslaufzeiten sind aktuell vor allem darauf zurückzuführen, dass die hessischen Verwaltungsgerichte derzeit viele Altverfahren erledigen und die Verfahrenslaufzeit anhand der abgeschlossenen Verfahren ermittelt wird. Sie sind ein Spiegelbild der Entwicklungen früherer Jahre, auch im Zusammenhang mit der letzten größeren Flüchtlingswelle. Die Reduzierung von Altbeständen ist an sich gut, verschlechtert aber die Statistik der Laufzeiten. Wir blicken jetzt vor allem nach vorne und setzen alles daran, dass keine Verfahrensberge mehr entstehen, sondern die neuen Verfahren von Anfang an zügig bearbeitet werden; erst recht in unproblematischen Fällen“, führte Justizminister Roman Poseck aus.

Der Minister erklärte weiter: „Die aktuelle Situation ist in Hessen wie auch in vielen anderen Bundesländern nicht zufriedenstellend. Deshalb werden wir daran arbeiten, die Verfahrenslaufzeiten asylgerichtlicher Verfahren in Hessen erheblich zu reduzieren. Gerade an dieser sensiblen Stelle muss sich der Rechtsstaat als handlungsfähig erweisen. Und das heißt konkret, dass im Schnitt deutlich schneller entschieden werden muss. Um Beschleunigungen der Verfahren vor den hessischen Verwaltungsgerichten auch durch organisatorische Maßnahmen zu erreichen, habe ich eine Arbeitsgruppe mit hochrangigen Vertretern der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit – auch dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Kassel – einberufen. Sie tagt unter meiner Leitung und wird kurzfristig Lösungsvorschläge erarbeiten. Die nächste Sitzung der Arbeitsgruppe wird am 14. November stattfinden. Andere Länder konzentrieren die Asylverfahren bei Verwaltungsgerichten, was auch zu schnelleren Entscheidungen führen kann. Deshalb sind in Zukunft auch in Hessen Konzentrationen von Verfahren bei einzelnen Verwaltungsgerichten denkbar.“

Nach dem Personalbedarfsberechnungssystem PEPP§Y weist die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Hessen derzeit keine Überlast auf. Die Belastungsquote hat im Richterbereich im vergangenen Jahr bei ungefähr 90% gelegen.

Hintergrund

Hessen hat Ende 2016 mit der Ausbringung neuer Stellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit begonnen. Seit 2014 wurden in Hessen insgesamt 34 neue Stellen für Richterinnen und Richter in der Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen. Bereits im Laufe des Jahres 2018 wurde ein hohes Niveau an Planstellen erreicht, das mit dem Doppelhaushalt 2023/2024 noch weiter angehoben wurde. Aktuell stehen der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit für den richterlichen Bereich 177 Stellen sowie 2 Task-Force-Stellen zur Verfügung. Der Stellenbesetzungsgrad in der Verwaltungsgerichtsbarkeit war gleichzeitig durchweg sehr hoch und schwankt insgesamt zwischen 93 % und 97 %. Aktuell liegt der Stellenbesetzungsgrad bei 96 %.

Schließlich dankte der Minister den Bediensteten des Verwaltungsgerichts Kassel für die übernommene Vorreiterrolle bei der Einführung der elektronischen Akte.